Herr Paster, „kultivierte Kellerküche“ – was kann ich darunter verstehen?
Den dunklen Keller verbindet man ja eigentlich nicht mit frischem und hochwertigem Essen. Ich mag aber Gegensätze und wollte die Kellergastronomie neu interpretieren. Deshalb haben wir vor drei Jahren den dunklen Gewölbekeller saniert und die alten Mauern aufgerissen. Heute servieren wir hier moderne Gerichte mit einer individuellen Note.
Wie entsteht diese individuelle Note?
Ich reise viel und sammle so viele Eindrücke, wie es nur geht. Ob Café, Markthalle oder Restaurant, ich nutze jede Inspiration für neue Kreationen. Die Speisekarte kommt durch kulturelle Einflüsse und die Kreativität meines multikulturellen Teams zustande. Ich selbst bin als Fünfjähriger zusammen mit meinen Eltern aus Russland nach Recklinghausen gezogen – in eine Stadt, in der viele Kulturen zusammenkommen. Das finde ich so besonders an der Stadt. Ich denke, die Zeit, in der eine Küche länderspezifisch definiert wird, ist vorbei. Natürlich gibt es noch den klassischen Italiener oder Griechen. Demnach müsste ich ja ein russisches Restaurant eröffnen – aber ich will meine eigene Geschichte erzählen.
Wie ist der Titel „17achtzig“ entstanden?
Der Name des Restaurants steht für das Jahr 1780, in der dieses alte Bürgerhaus entstanden ist – in einer Zeit, die das gesamte Konzept des Restaurants prägt:

Der Name des Restaurants steht für das Jahr 1780, in der dieses alte Bürgerhaus entstanden ist. Foto: 17achtzig

„Den dunklen Keller verbindet man ja eigentlich nicht mit frischem und hochwertigem Essen. Ich mag aber Gegensätze und wollte die Kellergastronomie neu interpretieren.“
Beinhaltet das Logo auch einen Aspekt vom Sturm und Drang?
Inwiefern erkennen Sie den Recklinghäuser darin wieder?
Im ganzen Konzept: Unser Claim lautet „Frech. Poetisch. Ohne Chichi“. Das beschreibt eigentlich auch den klassischen Recklinghäuser. Frech meint die direkte Art der Menschen aus dem Ruhrgebiet. Hinter dem Wort poetisch stecken die traditionelle Geschichte, die Kultur und die Ruhrfestspiele. Ohne Chichi heißt: Auf den Punkt und ehrlich. Man bekommt, was einem versprochen wird.

Die Feder im Logo steht für das Feine und die Kreativität, während das Beil als Hausmannswerkzeug das Ehrliche und Gutbürgerliche abbildet.
Was versprechen Sie Ihren Gästen bei 17achtzig?
Ein emotionales Erlebnis – von der Begrüßung über das Essen bis hin zum familiären Ambiente. Wir sind und bleiben eine Nische für diejenigen, die das kleine Besondere suchen. Was das Essen angeht, sind die Menschen im Ruhrgebiet ja eigentlich eher klassisch bis konservativ. Aber immer mehr entwickeln eine Offenheit und probieren auch gerne mal etwas Neues aus.
Welche Gerichte können Ihre Gäste beispielsweise bestellen?
Unsere Gäste können ein individuelles Drei- oder Vier-Gänge-Menü zusammenstellen oder einzelne Gerichte auswählen. Zum Beispiel den gemischten Vorspeisenteller – das „Kellerbrett“ inklusive Rosa Kalb, Tatar vom Thunfisch und Spargel für „12achtzig“. Der Hauptgang bietet für jeden was: für Vegetarier, Veganer und Fleischliebhaber – wie etwa den Beef Burger mit der hausgemachten Kellersauce und Gemüsefritten für „17achtzig“. Wir bieten unseren Gästen auch eine eigene Weinedition oder einen eigenen Gin, der in Wanne-Eickel gebrannt wird. Den nutzen wir zum Beispiel auch für unsere Eigenkreation „Rosalinde“. Rosa steht dabei für die Farbe des Kirschtonics, während die Linde den Lebensbaum auf unserer Terrasse meint.
Kulinarischer Sturm und Drang auf dem Teller. Fotos: 17achtzig
Sie leiten neben 17achtzig ja noch zwei weitere Restaurants. Worin unterscheiden sich die drei Konzepte?
In allem. Die PalastKantine im Mondpalast Wanne-Eickel ist die royale Ruhrpott-Küche. Sie ist für alle gedacht, die das Theater besuchen und wenig Zeit zum Essen haben. Im 17achtzig ist das anders. Hier geht es um Genuss. Wir nutzen sehr hochwertige Zutaten, wodurch wir uns in einem vergleichsweise höheren Preissegment bewegen. Als Drittes entsteht gerade das Restaurant Kumpels im Bergbau-Museum in Bochum, es wird in diesem Sommer eröffnet. Übergangsweise haben wir einen Imbisswagen vor dem Museum aufgestellt.
Spiegelt sich der Bergbau auch in den Gerichten wider?
Auf jeden Fall. Viele Kumpel waren ja Gastarbeiter aus Ländern wie Polen, Italien oder der Türkei. Sie haben ihr Pausenbrot oft geteilt, wodurch verschiedene Kulturen zusammentrafen. Das hat unsere Speisekarte inspiriert. Wir bieten hier Gerichte von der Kohle und vom Stahl (also vom Grill und Rost), aus dem Schrebergarten (zum Beispiel Salat-Bowls) und zum Beispiel traditionelle Eintöpfe aus der Heimatküche, wie man sie von der Oma oder Mutter kennt. Es gibt zu allem, was ich tue, eine Geschichte. Sie prägt das kulinarische Erlebnis meiner Gäste.